Lehrplan vs Realität

Heute hat unsere ältere Tochter für ihre Chemie-Klausur gelernt und einige Dinge nicht auf Anhieb verstanden.
Ich musste feststellen, dass ich auch nicht helfen konnte, weil ich mich ganz einfach nicht an das Thema erinnern konnte.
Was mit natürlich auch zeigt, dass ich mit meinem Werdegang die Berechnung von Elektronen je Element bisher nicht als lebensnotwendiges Wissen benötigt habe.

Als Raketenforscher sieht das vermutlich ganz anders aus. Da wird man das wahrscheinlich nachts um 2 aus dem Schlaf gerissen, locker beantworten können (wobei hier wahrscheinlich Physik noch hilfreicher wäre).

Warum aber werden keine Inhalte meines Jobs an Schulen vermittelt? Als IT-Berater habe ich es z. B. regelmäßig mit dem IT – Grundschutz nach BSI zu tun.
Ok, das brauchen Kinder nicht lernen, weil es vermutlich zu speziell ist.
Das sehe ich sogar ein, und ich denke, dass es Themenkomplexe gibt, die mittlerweile viel wichtiger sind. Sogar wichtiger als Chemie.

Da wäre zum einen das Thema Medienkompetenz.
Unsere Kinder, die als sogenannte Digital Natives aufwachsen haben so unendlich viel mehr Medien zur Verfügung als ich zu meiner Schulzeit. Und das Feld wird durch KI ja um ein vielfaches größer.
Und wenn ich sehe, wie meine Altersgenoss*Innen in den Kommentarspalten von Facebook, Twitter & Co versagen, möchte ich doch ganz dringend raten, dass unsere Kinder lernen die Medien, die zur Verfügung stehen, besser und sorgsamer zu nutzen.
Eltern sind hier leider selten gute Ratgeber, da sie viele Medien selbst nicht oder falsch nutzen. Also sollten die Schulen das Thema deutlich mehr fokussieren und lehren gerade auch im Hinblick auf die gestiegene Nutzung digitaler Medien bedingt durch die Corona-Zeit.

Das andere Thema, dass mich sehr bewegt, seit ich meinen betrieblichen Ersthelfer gemacht habe, ist der Reanimationsunterricht an Schulen. Genau, den gibt es so gut wie gar nicht.
Er wäre aber so wichtig! Man kann gar nicht früh genug anfangen, sich mit dem Thema auseinander zu setzen.
Viele von uns haben irgendwann in ihrem Leben mal einen Kurs lebensrettende Sofortmaßnahmen oder einen Erste-Hilfe-Kurs gemacht (vermutlich für den Führerschein) , an den man sich kaum noch erinnert. Bis zu diesem Kurs (also um und bei 18 Jahren) hat man also keine Ahnung was in einer Notsituation zu tun ist.
Dabei wird geschätzt, dass eine Stei­gerung der Laienreanimationsrate (auf das Niveau anderer Länder) mehr als 10.000 Menschen jährlich retten könnte.

Auf Initiative der Deutschen Anästhesie in Kooperation mit dem German Resuscitation Council (Deutscher Rat für Wiederbelebung), soll ab der Jahrgangsstufe 7 das Thema „Wiederbelebung bei einem plötzlichen Herzstillstand“ in den Unterricht aufgenommen werden.
Das hat der Schulausschuss der Kultusministerkonferenz der Länder 2014 auch beschlossen.
Nur 2 der 16 Bundesländer (Baden-Württemberg und Mecklenburg-Vorpommern) meldeten hierbei bis 2022 eine weitgehende Flächendeckung.
Hier gibt es noch viele zu tun!

Ich glaube, dass diese beiden Themenkomplexe für ein gesundes Miteinander extrem wichtig sind.
Und vielleicht kränkelt es in unserer Gesellschaft aktuell auch, weil beide Kompetenzen bisher nicht ausreichend vermittelt werden.

Sorry für den langen Text. Ich musste mir das einfach mal von der Seele schreiben.. Das Bild sollte nur eure Aufmerksamkeit erregen.

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